Theaterprojekt “Sturm in den Bergen” PDF Drucken E-Mail


Am 29. und 30. Juni hat unsere Theatergruppe “Ojo Morado” mit zwei öffentlichen Aufführungen auf dem Sportplatz der Wohngemeinschaft das Theaterprojekt “Sturm in den Bergen/Tempestad in den Bergen” - frei nach der gleichnamigen Erzählung des bolivianischen Autors Walter Guevara Arze - abgeschlossen. Die Geschichte handelt von einem Bergarbeiter namens Mamani, dessen Frau Maria an einer Lungenentzündung verstorben ist. Um sie würdig beerdigen zu können, muss er sich Geld von seinem Arbeitgeber, dem Bergbauunternehmen, leihen. Das wiederum schmälert seinen Lohn derart, dass er kaum noch seine kleinen Kinder Juanito und Marucha ernähren kann. Als der Händler Gonzáles mit seinem Pferd ins Minencamp kommt, beschließt Mamani, zu fliehen. Gegen einen Geldbetrag ist Gonzáles bereit, Juanito und Marucha auf seinem Pferd mitzunehmen. Mamani erklärt den Kindern, dass er in der folgenden Nacht nachkommen würde. Der Händler bricht auf, aber anstatt zügig den Weg über den Pass zu nehmen, der zum Nachbardorf führt, macht er einen Umweg, um eine Ladung Mineralien abzuholen, die in der Mine gestohlen wurde. Trotz der Warnung, dass jeden Moment ein Schneesturm ausbrechen kann, schickt er derweil die Kinder zu Fuß voraus, was zur unvermeidlichen Katastrophe führt.
Insgesamt haben 30 Schauspielerinnen und Schauspieler am Theaterprojekt teilgenommen, alle Kinder und Jugendlichen von Tres Soles,  einige Betreuerinnen und Betreuer, mehrere Mitglieder des Studenten – und Lehrlingsheims Luis Espinal, ehemalige Bewohner von Tres Soles und zwei deutsche Freiwillige. Die Projektarbeit erstreckte sich über einen Zeitraum von anderthalb Jahren. Wie bei unserer erzieherischen Theaterarbeit üblich, zählten dazu die gemeinsame Lesung der Originalerzählung, eine “Recherchereise” mit der ganzen Gruppe zum Minendistrikt von Oruro/Llallagua, Videoaufnahmen vor Ort für die Hintergrund-/Kulissenbilder des Stücks, das Sammeln von Ideen, das Schreiben des Drehbuchs, die Herstellung der Requisiten, der Aufbau der Kulissen und die Vorbereitung der Technik. Es kamen nämlich zwei Beamer und zwei Leinwände zum Einsatz – und nicht zu vergessen: die täglichen Proben in den letzten fünf Monaten. Einer der Höhepunkte bei unserer Arbeit war ein einwöchiger Theaterworkshop mit Freddy Chipana. Er ist nicht nur ehemaliges Mitglied von Tres Soles, sondern auch Gründungsmitglied unserer Theatergruppe „Ojo Morado“ und schon seit langem professioneller Schauspieler.
Durch die Teilnahme unserer Kinder und Jugendlichen an der Pferdetherapie auf einer Pferdefarm war die Mitwirkung eines echten Pferdes im Stück möglich.
Die zweite Aufführung am Sonntag wurde vom lokalen Fernsehsender TV Familia begleitet und am darauffolgenden Tag in einer 20-minütigen Zusammenfassung ausgestrahlt. Ich denke, es war ein würdiger Abschluss nach 30 Jahren Theaterarbeit innerhalb der erzieherischen und therapeutischen Aktivitäten von Tres Soles. Aus verschiedenen Gründen, unter anderem das Fehlen staatlicher Unterstützung für den Unterhalt des Projekts, war es wohl das letzte große Theaterprojekt.


Stefan Gurtner, Juli 2019

 


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